John Doe and Ronja Vogl are now friends                   ENGLISH TEXT

ein virtuelles Selbstportrait

„Charakteristisch für die individualisierte Gegenwartsgesellschaft ist der Umstand, ständigwählen zu müssen. Ob Müsli, Waschmittel, Beruf oder Lebensstil – es gibt ein Überangebot an Alternativen. Dies betrifft auch unser Selbstbild: Heute gilt, dass wir uns ständig selbst erfinden müssen.“[1]

Ausgangspunkt der Arbeit ist die Frage, wie sich postmoderne Ich’s im virtuellen Raum inszenieren und was folglich ein zeitgenössisches Portrait ist. Ausgangsmaterial für die Bilderserie ist mein Facebooknetzwerk.

Mitder Verbreitung von Digitalkameras und dem Web 2.0 wurdedie Selbstdarstellung zum Massenphänomen: Auf Websites wie Facebook, YouTube und Flickr geben Menschen Einblick in ihr Privatleben. Zugleich agieren einige Menschen auf Facebook auch unter einem Pseudonym, das es nicht zulässt ihre Identität zu erkennen. Teilweise sind wir virtuell mit Menschen vernetzt („befreundet“), die wir real gar nicht kennen.

Inface to face geht es um eine Auseinandersetzung mit Identität und dieser neuen Art der Selbstdarstellung, sowie mit dem virtuellen sozialen Raum bzw. dem sozialen Netzwerk. Untersucht wird, wie sich die Personen auf Ihren Profilbildern darstellen und was für Statements sie charakteristischer Weise posten.

Dabei stellt sich heraus, dass sich verschiedene Darstellungsformen wiederholen – beliebtePosen sind neben klassisch anmutende Portraitfotos mit direktem Blick in die Kamera auch reine Körperausschnitte, das sich dem fremden Blick entziehende Subjekt, verschwommene Bilder, Kinderfotos oder Objekte. Die Inhalte der Postings reichen von belanglosen Alltagshandlungen über Ortsangaben und berufliche Tätigkeitsangaben bis zu politischen Statements oder Veranstaltungsankündigungen.

Anhand der Bilder von Facebook-Ausschnitten – Portrait und Statement – wird beobachtbar, was mit dem schnell vergänglichen virtuellen passiert, wenn es in Malerei übersetzt wird. Ein Moment wird eingefroren – ein Moment der Identität des sich ständig wandelnden Subjekts, einer ganz normalen Person, wird festgehalten und fast ikonenhaft herausgehoben.

Die Malerei besitzt eine ganz andere Zeitlichkeit als die virtuelle Kommunikation: Schon die Tätigkeit des Malens an sich ist zeitintensiver als die des Fotografierens und des Verfassens eines Postings – bevor das gemalte Bild noch fertig ist, hat sich oft das gepostete Statement schon wieder geändert. Und während das Bild erhalten bleibt, verändert sich die virtuelle Welt ständig weiter.

Durch die Summe der Portraits der Facebook-Freunde entsteht unweigerlich auch ein Portrait der Person, die im Zentrum dieses Netzwerkes steht, in diesem Fall also ein Selbstportrait von mir.


[1] Max Celko in „ Medien und Identität“, Das Kulturmagazin – Du 794 – März 2009

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